Staatliche Beihilfen zugunsten bestimmter Unternehmen sind grundsätzlich nur mit vorheriger Genehmigung der Europäischen Kommission erlaubt. Bei Verstößen drohen Rückforderung und Nichtigkeit; auf Kenntnis oder Verschulden kommt es nicht an. Beihilfen meint dabei nicht nur Fördermittel, sondern jeden wirtschaftlichen Vorteil des Staates ohne marktübliche Gegenleistung. Maßstab ist stets ein Fremdvergleich, fehlende Transparenz ein wesentliches Risiko.
Vielfältige Förderprogrammen von Forschung & Innovation über Digitalisierung & Dekarbonisierung bis hin zu Regionalentwicklung & Risikokapital machen Beihilfen zur konkreten Handlungsoption für Politik, Verwaltung und Unternehmen. Ein komplexer Rechtsrahmen, lange Prüfverfahren und substantielle Rechtsfolgen bei Rechtsverstößen machen sie vom Nischen- zum Compliance-Thema.
Wir sind seit 20 Jahren auf EU-Beihilferecht spezialisiert und beraten und vertreten Behörden und Unternehmen bei der rechtskonformen Ausgestaltung und in beihilferechtlichen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Das Wichtigste auf einen Blick:
Beihilferechtliche Notifizierungspflicht und Durchführungsverbot sind Verbotsgesetz nach § 134 BGB. Bereits der bloß formale Verstoß kann zu Nichtigkeit und Rückabwicklung führen, gesetzliche Freistellung ist möglich. Notifizierungspflichtig ist ausschließlich die öffentliche Stelle; die Unternehmensleitung des Beihilfeempfängers hat sich aber über die Einhaltung zu vergewissern.
Geschäftsführung, Vorstand und Aufsichtsrat haben sich vor Entgegennahme einer Beihilfe über deren Ordnungsmäßigkeit zu versichern; andernfalls kommen Mitverschulden und Haftung gegenüber Dritten wie Banken und Gläubigern in Betracht.
§ 264 StGB. Strafbar macht sich, wer zum eigenen oder fremden Vorteil unvollständige oder unrichtige Angaben über subventionserhebliche Tatsachen macht. Leichtfertigkeit genügt. Subventionserhebliche Tatsachen sind von der Behörde zu benennen. Offenbarungspflicht (§ 3 SubG) und verwaltungsrechtliche Mitteilungspflichten sind im gesamten Lebenszyklus der Subvention zu beachten.
§ 3 SubvG. Änderungen des Sachverhalts nach Bewilligung der Subvention sind die Regel und bei Subventionserheblichkeit mitzuteilen. Die Unverzüglichkeit der Pflicht, eine unternehmensintern dezentrale Antragstellung und ein langer Lebenszyklus der Subvention erhöhen das Risiko; eine zentrale Steuerung im Rahmen eines Subventionsmanagementsystems wirkt haftungsreduzierend.
Fördermittelbescheide enthalten weitergehende Handlungspflichten für den Zuwendungsempfänger u. a. zu Mitteilungen, Auftragsvergaben, Rechnungswesen und Verwendung. Verstöße können zur verwaltungsrechtlichen Rückforderung führen. Ein zentrales Fördermittel-Controlling bietet Vorteile.
Unternehmen über 40 Mio. Euro Jahresumsatz, die über Monopolrechte verfügen und/oder gemeinwohlbezogene Leistungen erbringen, haben intern getrennte Konten zur Erfassung der - beihilferechtlich definierten - Kosten und Erlöse für diese Geschäftsbereiche zu führen. Verstöße sind nach § 8 TransparenzRLG als Ordnungswidrigkeit bußgeldbewehrt.
Beihilfe- und zuwendungsrechtliche Forderungen und Rückzahlungsrisiken können im Jahresabschluss und/oder Lagebericht auszuweisen sein. Ein einheitlicher Rechtsrahmen für die Bilanzierung besteht nicht. Orientierung geben IDW PS 700, EStR R 6.5 und IAS 20.
Kapitalzuführungen staatlicher Stellen müssen beihilferechtlich einem Fremdvergleich in Form des sog. Private Investor-Tests standhalten. Der Test ist bestanden, wenn die Investitionsentscheidung nach IRR/DCF ex ante eine marktübliche Investitionsrendite erwarten lässt. Alternativ kann sie zum Ausgleich von Kosten gemeinwohlbezogener DawI-Aufgaben geleistet werden; erforderliche Rechtsgrundlage ist dann ein sog. Betrauungsakt.
Staatliche Darlehen und Kredite an (öffentliche) Unternehmen müssen fremdüblich sein. Umfasst sind auch konzerninterne Darlehen und Ergebnisabführungsverträge. Als Nachweis akzeptiert die Kommission Rückzahlungsrenditen vergleichbarer gehandelter Anleihen oder CDS-Spreads in Verbindung mit einem Stand Alone-Rating. Bei Prolongation kann Bestandsschutz greifen; bei Unternehmen mit Gemeinwohlaufgaben erfordern Beihilferechtskonformität, Kapitaldienstfähigkeit und/oder Notenbankfähigkeit einen Betrauungsakt.
Die Marktüblichkeit staatlicher Bürgschaften und Garantien verlangt
u. a. eine dem individuellen Ausfallrisiko entsprechende Garantieprämie auf Basis eines Stand Alone-Ratings und die Begrenzung auf 80% des Darlehensbetrags bei anteiliger Sicherheitenverwertung und Verlusttragung. Darüber hinausgehende (gesetzliche) Garantien wie Anstaltslast und Gewährträgerhaftung können ggf. individuell beihilferechtskonform gestaltet werden.
Der Due Diligence auf beihilfe- und zuwendungsrechtliche Rückforderungsrisiken kommt gesteigerte Bedeutung zu, weil die Europäische Kommission im Rückforderungsszenario reps & warranties als Umgehungsregelungen häufig nicht anerkennt.
Die Verordnung 2022/2560/EU über drittstaatliche Subventionen begründet für Zusammenschlüsse und Übernahmen ab bestimmten Schwellenwerten selbständige Anmeldepflichten mit Vollzugsverbot. Für die Freigabe der Europäischen Kommission sind umfangreiche Angaben zu finanziellen Zuwendungen erforderlich, die Beteiligte von Drittstaaten erhalten haben.
Das Beihilferecht erlaubt staatliche Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen zugunsten sog. Unternehmen in Schwierigkeiten. Erforderlich sind stets eine vorherige Genehmigung der Europäischen Kommission und ein angemessener Eigenbeitrag des Unternehmens und/oder seiner Anteilseigner und Gläubiger. Die Qualifizierung als Unternehmen in Schwierigkeiten setzt nicht in jedem Fall einen Insolvenzantrag voraus und kann bei Unternehmensgruppen hohe Komplexität gewinnen.
Die Befreiung einzelner Branchen oder Unternehmen von Steuern, Gebühren und Beiträgen durch Gesetzgebung oder Verwaltung auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene kann eine staatliche Beihilfe sein. Beispiele sind Sonderabschreibungen für einzelne Branchen oder Transaktionen, Verrechnungspreisvereinbarungen und die rechtliche oder auch nur tatsächliche Befreiung von bestimmten Abgaben und Gebühren.
Öffentliche Infrastruktur wie Parkplätze und Kläranlagen kann eine staatliche Beihilfe sein, wenn sie vorrangig dem Bedarf eines Unternehmens dient, das bei Errichtung der Infrastruktur bereits bekannt ist und nicht die seiner Nutzung entsprechenden anteiligen Kosten trägt. Darüber hinaus können Infrastrukturen auf allen drei Ebenen - Träger, Betreiber und Nutzer - zu notifizierungspflichtigen Beihilfen führen; Ausschreibung von Errichtung/Betrieb und lokale Ausrichtung können Lösungen sein.
Kauf-, Miet-, Pacht- und Dienstleistungsverträge zwischen staatlichen Stellen und Unternehmen müssen in allen Aspekten marktüblich sein; ausgenommen sind sog. Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (Daseinsvorsorge). Die Marktüblichkeit kann durch Ausschreibung, Beteiligung eines privaten Partners (pari passu) oder Benchmarking bzw. Sachverständigengutachten nachgewiesen werden. In Gesellschafterverhältnissen kann die steuerliche Grenze der verdeckten Gewinnausschüttung zu beachten sein.
Staatliche Beihilfen müssen vor ihrer Durchführung bei der Europäischen Kommission angemeldet und von ihr genehmigt werden, sofern keine gesetzliche Ausnahme (Freistellung) eingreift. Zuständig für die Notifizierung ist auch bei Beihilfen von Ländern und Kommunen ausschließlich der Bund. Beihilfeempfänger, Wettbewerber und Berufsverbände können beteiligt sein. Das Verfahren richtet sich nach der Verordnung 2015/1589; die Entscheidungen der Europäischen Kommission können durch das Europäische Gericht überprüft werden.
Ausnahmen (Freistellung) von der Notifizierungspflicht sind u. a. für die Finanzierung von Leistungen der Daseinsvorsorge (DawI) und für geringfügige Beihilfen (De minimis) möglich. Prüfung und Einhaltung der Voraussetzungen obliegt den Mitgliedstaaten und dem Beihilfeempfänger; der EuGH stellt insoweit strenge Anforderungen.
Verstöße gegen die Notifizierungspflicht können von Wettbewerbern gerichtlich geltend gemacht werden und unabhängig von Kenntnis oder Verschulden zur Nichtigkeit und Rückabwicklung führen.
Wettbewerber und Berufsverbände können die Kommission im Wege der Beschwerde über rechtswidrige Beihilfen informieren. Einzelheiten regelt die Verfahrensverordnung 2015/1589/EU. Die Kommission hat die Informationen sorgfältig zu prüfen und bei Anhaltspunkten für rechtswidrige Beihilfen ein förmliches Prüfverfahren zu eröffnen; für die Prüfung gilt eine unverbindliche Frist von 12 Monaten. Der Eröffnungsbeschluss wird im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Ab diesem Zeitpunkt können auch andere Wettbewerber und Verbände Stellungnahmen abgeben. Ist eine nicht genehmigungsfähige Beihilfe gegeben ordnet die Kommission gegenüber dem Mitgliedstaat die Rückforderung an. Das anschließende Rückforderungsverfahren richtet sich nach nationalem Zivil- oder Verwaltungsrecht. Gegen Untätigkeit und gegen verfahrensabschließende Entscheidungen der Kommission besteht grundsätzlich Rechtsschutz durch das Europäische Gericht.
Zur Rückforderung kommt es in zwei Konstellationen: Im ersten Fall ordnet die Kommission die Rückforderung gegenüber dem Mitgliedstaat als Ergebnis eines Beschwerdeverfahrens an, weil die Beihilfe (materiell) nicht genehmigungsfähig ist. Wurde die Beihilfe durch Verwaltungsakt gewährt, hebt die Bewilligungsbehörde den Bescheid auf und erlässt einen Rückzahlungsbescheid. Wurde die Beihilfe durch Vertrag gewährt muss die Behörde die Rückzahlung einklagen. Die Anordnung der Kommission ebenso wie die Umsetzung durch die Behörde kann der Beihilfeempfänger gerichtlich überprüfen lassen. Im zweiten Fall wird die Beihilfe von der Behörde ohne vorherige Notifizierung ausgereicht und ein Wettbewerber macht diesen (formellen) Verstoß gegenüber einem nationalen Zivil- oder Verwaltungsgericht geltend.
In allen Fällen beträgt die Rückforderungsfrist 10 Jahre ab dem Zeitpunkt des Rechtsanspruchs auf die Beihilfe. Besonderheiten ergeben sich bei mehreren Beteiligten (Unternehmensverkauf, Bürgschaften) und in Insolvenzfällen.
Unternehmen können Beihilfegenehmigungen der Europäischen Kommission zugunsten von Wettbewerbern durch das Europäische Gericht überprüfen lassen, wenn sie von diesen unmittelbar betroffen sind. Vor den deutschen Zivil- und Verwaltungsgerichten können Wettbewerber die zuständige öffentliche Stelle auf Unterlassung oder Beseitigung der Beihilfegewährung in Anspruch nehmen, wenn diese nicht bei der Kommission notifiziert wurde und keine Freistellung eingreift. Ergänzend bestehen Akteneinsichts- und Auskunftsrechte.
Einzelbeihilfen über EUR 500.000 werden in einem standardisierten Format im Beihilfetransparenzregister der Europäischen Kommission veröffentlicht. Die Veröffentlichung umfasst u. a. den Namen des Beihilfeempfängers, die Bewilligungsbehörde, Art und Höhe der Beihilfe und die Rechtsgrundlage. Beschlüsse zu Notifizierungsverfahren veröffentlicht die Kommission einschließlich der Namen der Empfänger und der Höhe der Beihilfe im Competition Case Register. Die so erzeugte Transparenz soll Wettbewerbern im Sinne eines "market monitoring" ausdrücklich die Durchsetzung ihrer Rechte erleichtern.